
In unserer allseits beliebten Reihe „Die feinen Unterschiede“ machen wir uns regelmäßig auf, um die Vorurteile über diverse Genre der Unterhaltungskunst aufzudecken. Ob Musiktheorie, Tanz und Theater oder Kleinkunstformen wie Comedy und Kabarett, wir untersuchen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ihnen. Dieses Mal nehmen wir die feinen Unterschiede zwischen Disko und Funk genauer unter die Lupe. Und damit herzlich Willkommen bei Die feinen Unterschiede: Disko vs Funk!
Funk – ein Odeur wie kein anderer
Auch die größten Funk-Aficionados haben sich beim Tanzen zu dem signifikanten downbeat des Genres wahrscheinlich wenig Gedanken über die Etymologie des Wortes gemacht. Dabei meint „Funk“ genau das, den starken Odeur schwitzender Menschen auf einer prallvollen Tanzfläche. Was übersetzt nämlich soviel wie „Gestank“ oder „schlechter Geruch“ bedeutet, groovte sich schon um die Jahrhundertwende in den Fachjargon von Jazzerinnen und Jazzern als etwas Positives ein. Denn wer es drauf hatte, seinen Jazz-Impros einen gewissen „funky“ Ton, also eine Art dirtiness, zu verleihen, der gewann den Respekt des Publikums. Hier ist vor allem der Name des US-Amerikaners Buddy Bolden zu nennen, dessen Songtitel „Funky Butt“ einen Meilenstein in der frühen Entwicklung des Genres darstellt.
Richtig funky wurde es aber erst deutlich später, in den späten Sechzigern nämlich, als der Godfather of Funk, der unvergleichliche James Brown die Musikwelt für sich gewann. Er war unter den ersten, der sich die rhythmischen Synkopen und vom Blues inspirierten harmonies zu eigen machte und den Fokus jedoch einzig auf den ersten Beat, den sogenannten „The One“ legte. Andere nennenswerte Funk-Acts der Musikgeschichte sind Sly Stone, Kool & the Gang, Funkadelic, Isaac Hayes, Tower of Power, Barry White sowie Earth, Wind and Fire. Zeitgenössische Interpretinnen und Interpreten, die Funk als Teilelement ihres Sounds begreifen, sind zum Beispiel Jesper Munk oder The Next Movement.
„Nightfever“ oder aber: Ich fühl‘ mich disko!
Ohne Funk hätte es die Disko-Revolution nie gegeben. Musikhistorisch betrachtet, lässt sich das durchaus belegen. Beide Genre entstammen denselben Wurzeln afroamerikanischer Genre wie Jazz, Rhythm and Blues als auch Soul. Bevor „Disko“ überhaupt zu einem Begriff wurde, war es der downbeat des Funk, der die Musikwelt von Grund auf erschütterte. Aus der Disko-Generation der 70er-Jahre ging eine ganze Subkultur von Partygängerinnen und Partygängern aus, die sich in den schrillen Outfits der Nightfever-Ära und die discothèces mit groovy Tanzstilen bereicherten. Davon zeugen zuletzt sogar Kultfilme wie „Saturday Night Fever“ (1977) mit John Travolta. Ein Jahr später wurde der (fast) gleichnamige Song der Bee Gees releast.
Bei „Disko“ läuft die Sache mit dem Rhythmusgefühl etwas anders ab: Während es beim Funk auf „The One“ ankommt, also stets der erste Ton im Takt betont wird, gibt es im Disko-Genre den „Four to the Floor“. Es werden also alle vier Töne eines Taktes unterstrichen. Hinzu kommt der Einsatz elektronischer Instrumente, Synthesizern und elektronischen Keyboards, die in den 70ern eine Sensation darstellen. Auch sich wiederholende vocal lines machen Disko zu dem, was wir heute kennen. Heute sind reine Disko-Künstlerinnen und -Künstler eher eine Seltenheit geworden. Gerne wird das Genre in Kombination mit anderen Stilen fruchtbar gemacht. So zum Beispiel von dem allseits bekannten und geliebten Jan Delay mit seiner Band Disko No. 1.
Zwei Genre, ein Tanzboden
Wer sowohl dem einen als auch dem anderen Musikgenre huldigt, wird womöglich eines ins Auge stechen: Im Vergleich klingen Funk und Disko jeweils verdammt unterschiedlich. Das, was die beiden aber im Geiste vereint, ist der enge Zusammenhang mit den dance cultures der 60er- und 70er-Jahre. Nicht bloß, dass sie über gemeinsame Ursprünge in afroamerikanisch geprägten Genres verfügen, beide Stile brachten weltweit Subkulturen hervor, mit denen sich Menschen teils bis heute identifizieren können. Funk und Disko sind also nicht einfach Musik. Sie präsentieren ein Lebensgefühl von Laissez-faire und Achtsamkeit für den Moment, wenn die verschwitzten Körper von tanzfreudigen Fremden auf dem dance floor plötzvlich zu einer funky Masse verschmelzen, die vor allem eines will: eine gute Zeit.
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