Weihnachten rückt immer näher. Zeit sich in Stimmung zu bringen. Wir von der Redaktion haben uns diese Vorweihnachtszeit etwas ganz Besonderes ausgedacht. Nachdem in den letzten beiden Wochen bereits „Rock ’n‘ Weihnachtsmarkt“ und „X-Mas im Heartbreak Motel“ die besinnliche Zeit eingeläutet haben, folgt hier die dritte Weihnachtsgeschichte. Wer hat Lust auf Skipisten, Gondelfahrten und Zimtschnecken?
Eine Abfahrt am Morgen
Einatmen. Die klirrende Kälte brennt in meiner Lunge. Um mich herum ist es still. Nicht mal der Wind, der hier oben sonst weht, spielt heute sein pfeifendes Konzert. Die Sonne bahnt sich langsam einen Weg über den Horizont und taucht die schneeverhangenen Berge und Wälder in ein zartrosa Licht. Vor mir liegt die frisch präparierte Piste. Es ist ein magisches Bild, für das sich das frühe Aufstehen lohnt. Offiziell öffnen die Lifte erst in einer Stunde, aber es hat seine Vorteile, mit dem Liftbetreiber befreundet zu sein. Und wenn man als die Hoffnungsträgerin des nationalen Skiverbandes gilt. Ich sauge die Atmosphäre in mich auf, dann lasse ich mich über die Schwelle in den Steilhang kippen. Die Kanten meiner Ski greifen in den Schnee, bewegen sich wie von alleine zum nächsten Schwung, während ich immer schneller werde. Es ist ein Rausch. Ich nehme nichts wahr außer das befreiende Gefühl, das sich in mir breit macht. Am Ende der Piste schwinge ich ab. Höchstgeschwindigkeit 125 km/h. Gelassen fahre ich auf den Sessellift zu, aus dem inzwischen warmes Licht dringt. Vor dem Häuschen erblicke ich überraschenderweise Kalle beim Schneeschippen. Als er mich sieht, stützt er sich lächelnd auf der Schaufel ab. „Hey Lene!“ Ich fahre auf ihn zu. „Was machst du denn schon hier? Hat normal nicht dein Vater die Frühschicht?“ frage ich ihn. „Doch schon, aber er muss letzte Weihnachtsvorbereitungen machen und weil heute kein Skikurs ist, übernehme ich für ihn.“ Kalle ist Skilehrer im Dorf und heiß begehrt, wenn es darum geht, mit den ganz Kleinen über die Piste zu rutschen. „Na, wenn das so ist“, ich schmunzle, „fährst du eine Runde mit?“
Zimtschneckentalks
Eine Stunde später erreiche ich bibbernd das Café Kanelbullar. Obwohl ich mittlerweile über zehn Jahre in Schweden wohne, habe ich mich immer noch nicht an die Kälte hier gewöhnt. Mit dem Aufstoßen der schweren Tür, kommt mir eine wohlig-warme Wolke, die unverkennbar nach Zimtschnecken duftet, entgegen. Ich seufze auf! „Womit habe ich das Glück verdient, dass meine beste Freundin ihr eigenes Café hat!“ Tea blickt hinter der Theke vor und lacht. „Setz dich, dein Kaffee kommt gleich.“ Ich lasse mich vor sie auf dem Barhocker plumpsen und beobachte, wie sie die Milch schäumt, zwei Espresso aus der Siebträgermaschine lässt und in gekonnter Leichtigkeit Herzen in die Tassen zaubert. Zusammen mit einer noch dampfenden Zimtschnecke stellt sie den Cappuccino vor mir ab. „Du bist die Beste, Danke.“ Sie grinst frech.
„Wie war’s auf der Piste?“, erkundigt sie sich und nimmt mir gegenüber Platz. „Ganz gut, ich hab Kalle getroffen und wir sind ein paar Abfahrten zusammen gefahren.“ „Und wegen morgen? Alles ok?“ Ihr Gesicht ist bekümmert. Ich seufze innerlich. Meine Familie hat sich dieses Jahr dazu entschlossen, Weihnachten bei der Familie meiner Mutter in Brasilien zu verbringen. Ich wäre wahnsinnig gerne mitgeflogen aber mein Trainingsplan und die anstehenden Weltcup-Termine haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wenn ich auch nur eine Chance haben will, im März beim Heim-Weltcup in Are Punkte einzufahren, dann muss ich mich strikt an meinen Plan halten. Und das wiederum heißt: Heiligabend alleine in meiner Wohnung. Tolle Aussichten. „Es ist okay Tea. Mach dir keinen Kopf!“ Sie sieht wenig überzeugt aus, aber ich habe keine Lust weiter über das Thema zu reden und lenke das Gespräch auf ihr neuestes Zimtschnecken Rezept. Nach zwei weiteren Tassen, will ich gerade aus der Tür raus, als Tea mir noch hinterherruft „ Lene kannst du mir heute Abend vielleicht bei einer Auslieferung helfen? Das Eishockey-Team hat für ihre Weihnachtsfeier Zimtschnecken bestellt. Alleine schaffe ich es nicht.“ „Klar, um wie viel Uhr?“ „Ich hole dich um 17:00 Uhr ab.“ Mit einem Nicken begebe ich mich ins Schneegestöber.
Kidnapping ist strafbar
Wir erreichen die Eishalle pünktlich und werden schon von unserem Freund Oskar erwartet. Er spielt für die Ice-Tigers in der Defense. Ich will gerade aussteigen, da hat er sich schon auf die Rückbank geschmissen. Verwundert schaue ich ihn an. „Die Zimtschnecken sind im Kofferraum.“ Doch er macht keine Anstalten, das Auto wieder zu verlassen. Stattdessen grinst er nur. „Hä? Ist die Weihnachtsfeier nicht in der Eishalle?“ frage ich. Anstelle einer Antwort hält Tea mir einen Schal vor die Nase. „Wir müssen dir jetzt leider die Augen zubinden.“ Irritiert blicke ich zwischen den beiden Hin und Her. Ich verstehe gar nichts mehr. „Dass Kidnapping eine Straftat ist, wisst ihr, oder?“ Oskar lacht auf, „Lene-Maus, entspann dich einfach.“ Weil Widerspruch zwecklos ist, wehre ich mich nicht, als er mir den Schal um den Kopf bindet und die beiden mich nach einer kurzen Fahrt Hand an Hand ins Unbekannte führen. Der Schnee knarzt unter unseren Füßen und im Hintergrund höre ich es rattern. Ich habe keine Ahnung, wo wir hingehen würden.
Vielleicht gibt es Weihnachtsengel ja doch?
Der Schal wird mir vom Kopf gezogen. Meine Augen brauchen einen Moment, um sich an das schlagartige Licht zu gewöhnen. Dann klappt mir die Kinnlade runter. Vor mir schaukelt eine Gondel, in deren Mitte ein kleiner Tisch steht, der vor lauter Plätzchen, Zimtschnecken und Glühwein fast überquillt. Überall hängen Lichterketten, die um die Wette funkeln und auf den sonst so harten Sitzbänken liegen flauschige Kissen. Aus einer kleinen Box schallt Weihnachtsmusik. Ich drehe mich um. Tea, Kalle und Oskar strahlen mich breit an. „Frohe Weihnachten!“, rufen die drei. „Ich…Was ist das.“ Mir bleiben die Worte weg. Oh Gott, ich fange gleich an zu weinen. „Wir dachten uns, wenn du schon nicht mit deiner Familie Weihnachten verbringen kannst, dann ja wohl mit deinen besten Freunden.“ „Und was könnte für Lene Arent passender sein, als eine Gondelfahrt?“ „Mach dich bereit, sie fährt so lange, bis uns schlecht wird.“ Der Damm bricht. Mir rollen dicke Freudentränen über die Wangen. Ich stürze mich auf die drei und umarme sie fest. Wir machen es uns in der kuscheligen Gondel bequem und fahren stundenlang den Berg rauf und runter. Ich habe keine Ahnung, ob es Weihnachtsengel wirklich gibt, aber ich habe meine ganz persönlichen auf jeden Fall gefunden.
Nächste Woche folgt die letzte Weihnachtsgeschichte bevor es Merry Christmas heißt. Bis dahin kannst du auf unserem Reservix-Portal noch nach den perfekten Geschenken für deine Liebsten suchen oder dich im Ticketmagazin durch unsere Eventempfehlungen klicken. Um immer auf dem Laufenden zu bleiben, folge uns gerne auf Instagram und Facebook.