Bienvenue, Monsieur Altinoglu! Im Interview mit dem Chefdirigenten des hr-Sinfonieorchesters

Mit dem Beginn der Saison 2021/2022 übernimmt Alain Altinoglu die künstlerische Leitung des hr-Sinfonieorchesters. Wir heißen den neuen Chefdirigenten herzlich willkommen!

Alain Altinoglu begann seine musikalische Ausbildung am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris, wo er seit 2014 die Dirigierklasse leitet. Seit 2016 ist er Directeur Musical des Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel. Als Gastdirigent leitet er bereits zahlreiche renommierte Orchester u.a. die Berliner Philharmoniker, das London Symphony Orchestra, das Royal Stockholm Philharmonic Orchestra sowie alle großen Pariser Orchester. Durch seine außergewöhnliche Führung und seine Arbeit erhält er weitreichende, internationale Anerkennung.

Vor Kurzem hatten wir die Ehre, ein Interview mit dem renommierten Dirigenten führen zu dürfen.

Sie wurden bereits mehrfach als Gastdirigent vom hr-Sinfonieorchester Frankfurt eingeladen. Gibt es besondere Gründe, warum Sie sich entschieden haben, als Chefdirigent zu bleiben?

Ich habe mich entschieden, als Chefdirigent zu bleiben, weil ich eine ganz besondere Verbindung und Beziehung zu den Musikerinnen und Musikern des Orchesters gespürt habe, ein hohes musikalisches Niveau, eine große Unterstützung durch das Management und das ganze Funkhaus.

Mit Musik von Maurice Ravel, Claude Debussy und Hector Berlioz und der geplanten Zusammenarbeit mit preisgekrönten französischen Musikerinnen und Musikern setzen Sie in der laufenden Saison einen französischen Akzent. Können Sie erläutern, ob es zu Ihren Aufgaben als neuer Chefdirigent gehört, dem deutschen Publikum mehr französische Musik nahezubringen?

Ich würde sagen, dass es zu meiner Aufgabe als Chefdirigent gehört, eine große Bandbreite an Repertoire zu dirigieren. Ich werde französische Stücke dirigieren, aber am wichtigsten ist natürlich das Kernrepertoire des Orchesters, nämlich die deutsch-österreichische Musik des 19. und 20. Jahrhunderts. Das Orchester ist zum Beispiel für seine Mahler-Interpretationen berühmt, und das werde ich fortsetzen. Ich bin in Frankreich geboren und habe einen Teil meiner musikalischen Ausbildung dort erhalten. Es ist nur natürlich, dass ich diesen Hintergrund mit nach Frankfurt bringe.

Sie haben in einem Ihrer Interviews erwähnt, dass die Art und Weise, wie ein Musikstück geschrieben wird, mit der Sprache zusammenhängt, die die Komponistinnen und Komponisten sprechen. Wie würden Sie in diesem Sinne die französische Musik beschreiben?

Interessante Frage! Ich würde sagen, dass die französische Musik sehr raffiniert, subtil und manchmal sogar zerbrechlich ist. Man muss sich um diese Musik kümmern, sonst könnte sie zusammenbrechen. Ich glaube nicht, dass das bei Wagners Musik passieren würde. Normalerweise kommt die französische Musik mehr von der Melodie als von den harmonischen Basslinien. Die Farben sind auch sehr wichtig, wie in einem Gespräch, wenn man versucht, mit vielen verschiedenen Argumenten zu überzeugen, anstatt pragmatisch zu sein. Wenn wir zum Beispiel sprechen, halten wir oft inne: …äh…“, dieser Moment des Nachdenkens, des „moment suspendu“ ist in der französischen Musik oft vorhanden.

Die französische Musik [ist] sehr raffiniert, subtil und manchmal sogar zerbrechlich.

Was wäre Ihrer Meinung nach der beste Ansatz, um das Interesse an klassischer Musik zu steigern, insbesondere bei den jüngeren Generationen?

Je mehr die jüngeren Generationen die Möglichkeit haben, klassische Musik zu hören, desto mehr werden sie sie mögen. Das kann in der Schule sein, sollte aber auch im Internet, Radio und Fernsehen geschehen. Wir tun viel für die junge Generation, mit Konzerten, die speziell für sie konzipiert sind, mit Erklärungen und einem leichteren Repertoire. Die sozialen Medien sind auch ein Weg, um mit ihnen in Kontakt zu kommen.

Mit seinen pädagogischen Programmen wie dem „Young Person’s Guide to the Frankfurt Radio Symphony“ oder den „Jungen Konzerten“ ist es dem Orchester gelungen, einen innovativen Ansatz für die Musikvermittlung zu entwickeln. Dieses Thema war auch ein wichtiger Teil Ihrer Arbeit. Würden Sie uns mitteilen, welche pädagogischen Programme Sie einführen würden?

Ich unterrichte schon seit fast 30 Jahren! Ich habe mit Klavierunterricht begonnen, dann habe ich Opernsänger unterrichtet und seit 2014 leite ich die Dirigierklasse am Pariser Konservatorium. Es ist ein sehr wichtiger Teil meines Lebens, weil ich es für sehr wichtig halte das, was ich gelernt habe, weiterzugeben und meine Erfahrungen mit den Studierenden zu teilen. Ich träume von einem Dirigier-Stipendium und würde gerne Meisterkurse mit unserem großen hr-Sinfonieorchester geben. Ich werde selbst einige Konzerte für die jungen Leute präsentieren und ihnen ein neues Repertoire vorstellen.

Zum Schluss haben wir Herrn Altinoglu noch folgende Bonusfagen gestellt:

Welches Stück eines klassischen Komponisten sollten wir alle kennen oder gehört haben?

Beethovens 5. Sinfonie erscheint mir sehr wichtig. Aber bitte hören Sie nicht nur den Anfang, sondern die ganze Sinfonie und dann die Beethoven-Sinfonien Nr. 9,3,6,7,8,4,2 und 1! Und bitte auch Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“.

Haben Sie ein Lieblingsmusikstück oder einen Lieblingskomponisten?

Nicht wirklich. Jedes Mal, wenn ich ein Stück dirigiere, tue ich es so, als wäre es das beste aller Zeiten… Ich bin so neugierig und eklektisch, dass ich mich nicht zwischen Wagner, Mahler, Debussy, Ravel, Bach, Mozart und so vielen anderen entscheiden kann!

Welches ist das lustigste Konzerterlebnis, das Sie nie vergessen können – entweder als Dirigent, als Musiker oder sogar als Zuschauer?

Ich finde, Offenbach-Aufführungen gehören auf jeden Fall zu den lustigen Musikstücken. Aber ich erinnere mich an eine Aufführung in der Berliner Staatsoper vor vielen, vielen Jahren, als mir kurz vor dem Gang in den Orchestergraben klar wurde, dass ich meine Konzertschuhe vergessen hatte! Im allerletzten Moment lieh ich mir die Schuhe eines berühmten Kollegen, aber der hatte offensichtlich viel größere Füße als ich … Ich hatte das Gefühl, dass die Musiker den ganzen Abend lang nur auf meine Schuhe geschaut haben. Es war so lustig!

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Evita

Seit 2020 bin ich Teil der Reservix-Familie. Wenn ich nicht für das Ticketmagazin schreibe, beschäftige ich mich mit Musiknoten und besuche gerne Konzerte. Ansonsten träume ich davon weiter, die nächste große weltberühmte Diva zu werden.