Weihnachtsoratorien – es muss nicht immer Bach sein!

Weihnachtsoratorien

Auch wenn der Schnee mal wieder auf sich warten lässt, rückt Weihnachten unaufhaltsam näher. Zu diesem wundervollen Fest gehört neben Glühwein, Einkaufsstress und Verpackungs-Wahnsinn auch der Besuch eines Weihnachtsoratoriums. Vermutlich denken die meisten von euch jetzt an Johann Sebastian Bach und an dessen Meisterwerk, das in vielen Familien zur Tradition gehört. Während der Christbaum geschmückt wird und die letzten Plätzchen im Ofen backen, schallt es aus allen Zimmern: „Jauchzet, frohlocket!“ Spätestens zu diesem Zeitpunkt macht sich Weihnachtsstimmung breit.

Doch Bach war nicht der einzige Komponist, der sich in dieser Gattung ausgetobt hat. Durch die Jahrhunderte hinweg entstanden unzählige Weihnachtsoratorien. Drei besonders schöne Alternativen zum barocken Klassiker möchten wir hier vorstellen.

Heinrich Schütz und die Anfänge des Weihnachtsoratoriums

Schon vor Bach hatten sich einige Meister der Geschichte von Jesus‘ Geburt gewidmet. Zu den Bekanntesten zählt Heinrich Schütz. Der 1585 geborene Komponist widmete sich zeitlebens der Vertonung geistlicher Texte. Von unstillbarem Schaffensdurst getrieben, komponierte Schütz ohne Unterlass. Selbst nachdem ihm 1656 der lang erbetene Ruhestand gewährt worden war, ließ er die Feder nicht ruhen. In den letzten Jahren komponierte er neben drei Passionen die „Historia der Geburt Christi“. Zwei Chorsätze, „Introduktion“ und „Beschluss“, rahmen die Weihnachtsgeschichte. Dabei verbinden sich biblischer Text und musikalischer Ausdruck des Frühbarocks zu einem beeindruckenden Gesamtkunstwerk. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die „Historia der Geburt Christi“ heute noch gerne aufgeführt wird.

Camille Saint-Saëns – Drama, Baby!

Einen ganz anderen Ton schlägt der Franzose Camille Saint-Saëns gut zweihundert Jahre später an. Sein „Oratorio de Noël“, das 1858 entstand, bringt ordentlich Drama auf die Bühne. Das „Prélude“ wurde noch im Stile Bachs komponiert. Anschließend verbindet der Komponist auf bewundernswerte Weise dramatische und sakrale Momente. In der Chor-Episode „Quare fremuerunt gentes“ erinnert der Chor eher an einen Opern-Chor, wie er beispielsweise in Verdis „Luise Miller“ vorkommt. Im „Alleluia“ baut sich aus einer simplen Orgelmelodie ein mitreißendes Quartett der Solisten auf. Saint-Saëns wechselt immer wieder zwischen sakraler und dramatischer Musik. Das Ergebnis sind gut 40 Minuten reine Ekstase!

Mit Michael Stenov zurück zu den Wurzeln

In den vergangenen Jahrhunderten haben sich unzählige Komponisten mit der Gattung „Weihnachtsoratorium“ auseinandergesetzt. Zu den jüngsten Werken zählt dabei Michael Stenovs „Das Wort ward Fleisch“. Innerhalb eines Monats erschuf der Österreicher in einem wahren Kraftakt ein 70 Nummern umfassendes Meisterwerk. Das Besondere ist, dass Stenov alle vier Evanglien-Texte miteinander verbindet. Dadurch erklingt die Weihnachtsgeschichte in nie gehörter Weise. Die Musik erinnert an die barocken Vorbilder, ohne dabei aber Nachahmung zu sein. Vielmehr lässt Stenov immer wieder moderne Elemente miteinfließen. Dadurch entfaltet sich ein unglaublicher Sog, dem man sich schwer entziehen kann.

Neben den drei hier vorgestellten Werken gibt es natürlich noch zahlreiche andere, die noch gehört werden wollen. Und wer weiß, vielleicht muss Bach diesen Dezember im Plattenschrank bleiben.

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Tilman

Seit 2013 bin ich Teil des Reservix-Teams. In meiner Freizeit versuche ich, das Runde ins Eckige zu schießen. Nebenher studiere ich – aber nur so lange, bis mich endlich Jogi Löw anruft.