Dass der Herbst trotz vermehrten Regenschauern und bewölktem Himmel keine Jahreszeit zum Trübsalblasen ist, beweisen angesagte und gesellige Oktober- und Volksfeste Jahr für Jahr aufs Neue. Bei diesen Worten schießen einem natürlich gleich die zwei größten Volksfeste, die Münchner Wiesn und der Cannstatter Wasen, in den Kopf. Aber bezeichnen beide eigentlich das gleiche Fest nur in unterschiedlichen Städten oder gibt es da doch die kleinen, aber feinen Unterschiede? Wir gehen dem ganzen Mal näher auf den Grund und präsentieren dir in der neuen Ausgabe der feinen Unterschiede: Wiesn vs. Wasen. In diesem Sinne: „O’zapft is“!
Der Beginn der größten Volksfeste der Welt
Das eine ist nur der große Bruder beziehungsweise die kleine Schwester vom anderen? Beides sind lediglich Oktoberfeste in einer anderen Stadt? Dann mal genau aufgepasst! Die Wiesn und der Wasen sind heute die größten Volksfeste weltweit und werden circa in den gleichen Wochen von Mitte/ Ende September bis Anfang Oktober gefeiert. Dennoch, die Entstehungsgeschichte der beiden Feste könnte nicht unterschiedlicher sein.
Eine Hochzeit bringt die Wiesn hervor
Richtig gehört: Vor rund 200 Jahren, am 12. Oktober 1810, fing alles mit einer Hochzeit an. Denn anlässlich der glanzvollen Eheschließung von Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese tragen sich auf einer (damals) am Stadtrand gelegenen Wiese die pompösen Feierlichkeiten zur Hochzeit zu. Um das Paar zu ehren, wurde am fünften Tag, dem 17. Oktober, sogar ein Pferderennen veranstaltet. Dieser Tag gilt fortan als Geburtsstunde des ersten Oktoberfests. Bereits im darauffolgenden Jahr beschließt der landwirtschaftliche Verein in Bayern, das Fest weiterhin auf der, nach der Braut benannten, Theresienwiese stattfinden zu lassen. Das Oktoberfest, die Münchner Wiesn, war somit geboren.
Vulkanausbruch in Asien lässt den Wasen entstehen
Wie bereits angedeutet, geht der Wasen 1818 eben nicht aus dem Oktoberfest in München hervor, sondern hat seine ganz eigene Entstehungsgeschichte. 1815 sorgte ein Vulkanausbruch in Indonesien für jahrelange Missernten und Hungersnöte in Europa. Aus dieser Not heraus gründeten König Wilhelm I. von Württemberg und seine Frau Katharina ein landwirtschaftliches Erntedankfest, welches fortan immer Ende September stattfinden sollte. Denn bereits im ersten Jahr lockte das Fest über 30.000 Gäste an. Wegen genau dieser Entstehungsgeschichte heißt der Wasen auch „Cannstatter Volksfest“ und eben nicht Oktoberfest! Daher beim nächsten Besuch des schwäbischen Fests: Obacht! Gerne haben sie es nämlich nicht, wenn der Wasen als Oktoberfest und/ oder als Nachahmung der Münchner Wiesn betitelt wird.
Wiesn und Wasen: Heute die meistbesuchten Volksfeste der Welt
Inzwischen locken die Wiesn und der Wasen Millionen Gäste aus aller Welt an und strotzen nur so vor Superlativen. Nicht umsonst ist die Wiesn mit rund 6 Millionen Besucherinnen und Besuchern das größte und der Wasen mit einem Publikum von über 4 Millionen das zweitgrößte Volksfest der Welt. Während sich die Feste früher aufgrund ihrer Historie, der Trachten und der einheimischen Bräuche mehr unterschieden haben, muss heute gesagt werden: Es gilt die feinen Unterschiede zu suchen, denn beide Feste gleichen sich immer mehr aneinander an.
Wiesn und Wasen: Zwillinge oder Geschwister?
Heute weichen die beiden Feste insbesondere in puncto Größe und Menge voneinander ab. Während die Wiesn eine deutlich weitläufigere Fläche aufweist, nämlich 42 Hektar im Gegensatz zu den 25 Hektar in Stuttgart, und mit mehr Gästen sowie einem höheren Bierkonsum auftrumpft, hat der Wasen in puncto Schaustelleranzahl und Weinkonsum das Zepter in der Hand. Der Wasen ist nämlich nicht nur ein Bier-, sondern auch ein Weinfest. Auch unterscheiden sie sich hinsichtlich ihres Wahrzeichen. Während in Stuttgart die 26 Meter hohe Fruchtsäule thront, deren Spitze ein überdimensionaler Fruchtkorb ziert, wacht in München die mit Sockel 28 Meter hohe Bavariastatue über die Wiesn. Beides sind jedoch eindeutige Treffpunkte, wenn man sich im Gemenge der beiden Feste verliert. Trotz ihrer Ähnlichkeiten bezüglich des heiteren Treibens, des Schunkelns und Feierns muss trotzdem darauf geachtet werden: Das Cannstatter Volksfest und das Münchner Oktoberfest sind definitiv keine Zwillinge!
Gretchenfrage: Wasen oder Wiesn?
Besonders unter Süddeutschen, aber natürlich auch in ganz Deutschland, stellt sich Ende September die Gretchenfrage: Wasen oder Wiesn? Wer meint, er könne es von den Bierpreisen abhängig machen, hat sich leider geschnitten, denn ausgerechnet hier gleichen sie sich. 2022 erwartet Besucherinnen und Besucher der stolze Preis von 12,60€ bis 13,80€ pro Maß. Aber aufgepasst: In München ist das eigens gebraute Oktoberfestbier mit ganzen sechs Prozent Alkohol etwas tückischer in der Handhabung. Auch die Trachtenmode gibt keinen Unterschied mehr her. Während sie sich früher noch unterschieden haben – in Stuttgart beispielsweise trugen die Herren zumeist Kniebundhosen und Leinenhemde und die Damen längere Dirndl mit geschlossener Bluse – sind die heutigen Dirndl und Lederhosen keine heimische Tracht mehr, sondern es handelt sich um Trend-Mode mit traditionellen Elementen, die so weder in München noch in Stuttgart ihren Ursprung hat. Die beliebten Karohemden sind sogar erst seit den 2000er-Jahren im Trend. Also wohin gehen? Am besten beide Feste besuchen und sich eine eigene Meinung bilden!
Entsprechend gilt es festzuhalten: Das Phänomen, in Tracht gekleidet auf einer Bierbank zu schunkeln, ist sowohl in München als auch in Stuttgart nicht mehr wegzudenken. Darum begebt euch gerne selbst bei einem der beiden Feste in das heitere Treiben aus prächtigen Dirndl und Lederhosen! Falls dir der Weg zur Wiesn oder zum Wasen allerdings zu weit ist, dann schau in unserem Reservix-Portal vorbei: Hier findest du bestimmt ein Oktober- oder Volksfest ganz in deiner Nähe. Außerdem bietet dir unser Magazin noch viele weitere spannende Artikel zu Oktober- oder Volksfesten an.
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