Zugezogen Maskulin: Die Anti-Gute-Laune-Rapper

Zugezogen Maskulin

Im Jahr 2015 bescherte eine Hip-Hop-Combo Rap-Deutschland den Befreiungsschlag, den das Game dringend nötig hatte: Mit „Alles brennt“ veröffentlichten Zugezogen Maskulin ein Album, das den Finger nicht nur in die zeitgeistige Wunde legte, sondern die ätzende Prise Salz gleich hinterher kippte.

Zugezogen Maskulin tragen den Umsturz der bestehenden Rap-Ordnung bereits im Namen: In Anlehnung an Berliner Rap-Formationen wie „Westberlin Maskulin“ (Kool Savas und Taktlos) oder „Südberlin Maskulin“ (Fler und Godsilla) grenzen sich die beiden Wahlberliner Grim104 und Testo gegen pseudoprofilierende Glorifizierung des eigenen Wohnortes ab. Dies tun sie allerdings ohne den Anspruch, ein Sprachrohr für Zugezogene sein – und ohne die genannten Artists zu dissen.

„Denn wir bringen euch das Feuer, ihr Höhlenrapper“

Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch nehmen Zugezogen Maskulin gesellschaftliche Missstände aufs Korn und hinterfragen politische Entwicklungen. Was sich erst einmal verkopft liest, klingt auf Platte zugänglich, ohne in seichte Easy-listening-Gewässer abzutauchen. Die beiden Jungs finden eine Sprache, die mal ironisch, zynisch oder bitterernst eine Gegendarstellung des sonst so bekömmlichen Einheitsbreis serviert. Aber auch sonst überrascht das Rap-Duo mit erfrischender Scheu gegenüber frequent ausgetretenen Themenfeldern. Den von 50 Cent prominent gemachten „Get Rich or Die Tryin“-Swagger oder Anspielungen auf die eigene Zeugungskraft sucht man hier vergebens.

„Was für eine Zeit, um am Leben zu sein“

Das von Drake und Future inspirierte „What a Time to Be Alive“- Motto verkehren Grim und Testo auf ihrem neuesten Langspieler ins Gegenteil. „Alle gegen Alle“ mag auf den ersten Blick wie eine dystopisch-überspitzten Zukunftsvision erscheinen. Die Platte offenbart bei genauerem Hinhören aber eine erschreckend präzise Zustandsbeschreibung unserer Welt. Das kommt aber weder plump noch in belehrender Selbstüberhöhung daher, sondern vielmehr als Anregung, sich Gedanken zu machen.

„Zugezogen Maskulin, die Wolken bleiben schwarz“

Unbekümmerter Gute-Laune-Rap ist bei den beiden Wahlberlinern nicht zu erwarten. In erhellender Klarheit lesen Zugezogen Maskulin dem weichgespülten Rap-Deutschland die Leviten und verteilen mit Testos Bassorgan und der Keifstimme von Grim104 Verbalschelten in alle Richtungen. Für den nötigen Bums dahinter sorgt seit „Alles brennt“ Produzent-Genius Silkersoft, der Zugezogen Maskulin Brett um Brett auf die Leiber schneidert. Musikalisch zwischen Industrialsound und Clubklang entsteht so das passende Akustikgewand für den energiegeladenen Abriss der beiden Rapper.

Zugezogen Maskulin machen Rap abseits der üblich beackerten Trampelpfade! Das sollte man sich gönnen – am besten live! Tickets gibt’s hier.

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Patrick

Seit Herbst 2017 bin ich Teil der Reservix-Redaktion. Zu meinen Hobbys gehören Textkorrekturen, Teilzeit zu arbeiten und die Theoretisierung arbeitsweltlicher Transformationsprozesse. Zweck-Alliterationen mag ich übrigens nicht.

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